Herbert Otterstädt an Pg. Georg Brändle, Duisburg, 17.11.1938.


 


Herbert Otterstädt (1)
Duisburg / Brauerstr. 2, II
Dbg, den 17.11.38


125/38

Pg.
Georg Brändle (2),
München 25
Habacherstr. 57


Betrifft: Verrat an Gottschee.

Für Ihren Brief vom 14.d.M. danke ich Ihnen. Mir sind zur Zeit alle Hinweise und Berichte, die mit den Säuberungsfragen zusammenhängen, wesentlich, um ein klares abgerundetes Bild gewissenhaft herzustellen.

Was die Unterredung zwischen Ihnen und Dr. Petschauer betrifft, so bedauere ich die Mittel, zu denen Herr P. greifen muss, um einen so beklagenswerten Zustand aufrecht zu erhalten.

Dazu ist folgendes festzustellen:

1. Meine Mitteilungen können Sie jeder Stelle zur Einsichtnahme vorlegen.
2. Ich bitte, die Unterredung, die Sie mit P. hatten, insbesondere die Argumentation Dr. P. Ihnen gegenüber durch Zeugen Pösl bestätigen zu lassen und vielleicht noch einmal zusammenzustellen.
3. Martin Sturm, ein sehr tüchtiger Jungbauer, war nach seinen eigenen Angaben mir gegenüber im August beauftragt, einen Teil der Hausierer Dr. Arko und Paula (3) vorzuschlagen (!) Er hatte also nur ein Wunschäusserungs- und vielleicht Einspruchsrecht, für eine Teilauslese - Er ist also nicht für die Arkosche Blütenlese verantwortlich. lnwieweit man seinen Vorschlägen gefolgt ist, weiss ich noch nicht. Jedenfalls traf auch die Hauptauswahl in diesem Jahre Dr. Arko. Wie es geschah, werde ich demnächst in eindeutigster Form nachweisen. Ich bedaure, dass Herr P-. glaubt, man hielte seinen Standpunkt überhaupt noch für ehrlich.
4. Dr. P. bekämpft nicht die Jungbauern, das ist ein Missverständnis, sondern er versucht, denselben über Arko u. Paula zu helfen. Er bekämpft sie nur soweit, als sich diese den Verrätern in Gottschee wiedersetzen.
5. Es ist nicht wahr, dass die Jungbauern die Geschäfte regeln.
6. Dr. Petschauer hat ehrenwörtlich gelogen, wenn er behauptet, dass Arko mit der ganzen Sache nichts zu tun habe. Es wäre nebenbei gesagt nur eine der vielen Lügen, mit denen ein Petschauer heute seine engsten Mitarbeiter bedenkt.
7. Ich bin der Meinung, dass man die diesjährige Hausiererei zunächst laufen lassen sollte und später die urteilen sollen, die dazu berufen sind.
8. Ich bitte um Angabe, was die diesjährigen Hansierer für Leute sind, soweit Sie sie kennen.
9. Die Argumentation betr. Volker Dick ist lächerlich. Wir gehen als Nat.soz. von der Leistung aus, nicht von der höchst nebensächlichen Meinung Gottscheer Jungbauern. Wer aber in 5 Jahren nur Mist macht, von dem ist auch in den nächsten 5 Jahren nur Stümperei zu erwarten.
10. Herr Dick sollte die Meinung der Jungbauern, einmal hören in Gottschee, er würde bald eines besseren belehrt werden.
11. Die Jungbauern haben einen grossen Einsatz bewiesen. Sie sehen natürlich in Dick eine Amtsperson und können nicht unterscheiden zwischen Blender und Könner.
12. Was soll das mit dem Fall Jurkowitsch heissen, der P. im Magen liegt? Bitte nähere Erläuterungen.

Abschliessend möchte ich betonen, dass es am besten ist, sie unterbreiten die ganze Sache der Staatsanwaltschaft. Die weiteren Erhebungen gehen dann von dort aus, da bei Hochstapelei, Korruption und Volksverrat, auch am Volksdeutschen, ein öffentliches Interesse vorliegt. M.E. versucht die Gruppe Dick / Co heute nur noch, den gemachten Mist zu verbergen und einen Weg zu finden, Gottschee zu helfen, ohne von Arko verraten zu werden und aber ohne Arko abzusetzen. Seine Absetzung bedeutete für die Dick u. Genossen Marsch in die Versenkung und exemplarische Bestrafung für grenzenlose Korruption.

Melden Sie das weiter, ich werde hier das weitere ergreifen. Glauben Sie ja nicht, dass ich nicht in allernächster Zeit ebenfalls zu Massnahmen greifen werde, die geignet sind, auf exemplarischem Wege Licht in das Täuschungswerk des VDA zu bringen. Zur Zeit wird eine grosse Denkschrift ausgearbeitet, in der ich den Nachweis führen werde, dass Arko u. Paula in slowenischen Diensten als Spitzel stehen. Von anderer Seite wird die Gestapo interessiert, zumal sich heute schon Behörden sagen, dass da Schwindel u. Korruptionen vorliegen müssen. Den letzten Absatz bitte ich, indiskret zu behandeln und zur persönlichen Information zu benützen.

Heil Hitler!




Anmerkungen:

(1) Herbert Otterstädt, geb. 12. Februar 1912 in Berlin. Starb 26. November 1963 in Wiesbaden. Gattin Hilde, (verehelicht 1938), Tochter von Josef Erker, Gottscheer, Lehrer in Masern (Grcarice) 1912-1914. Zwei Kinder. Otterstädt durch Gattin mit Gottscheer Volksgruppe verbunden. Besuchte "Winterschule" für Gottscheer Jungbauern in Ulm in 1938. An dieser "Winterschule" waren gleichzeitig 60 junge Gottscheer unter Gottscheer Volksgruppen u. SS-Sturmbannführer Wilhelm Lampeter. Otterstädt war Hauptschuldirektor in Marburg und hatte bei den Planungen für die Aussiedlung von "Nationalslowenen" aus der Untersteiermark eine unterstützende Rolle. (Ferenc: Quellen, S. 275-277)

Verfasser von:
- Deutscher Besitz in Krain - nationalsozialistisches Südostdeutsches Institut, Graz, 1940.
- Vom deutschen Blutsanteil in Krain, 1941. Gottschee, eine deutsche Volksinsel im Südosten, 1941.
- Gottschee, Verlorene Heimat deutscher Waldbauern, 1962.

Ehrenringträger der Gottscheer Landsmannschaft.


(2) P.g. (Parteigenosse) Georg Brändle. Am 26. April 1958 wurde in München der "Gottscheer Arbeitskreis" gegründet. Vorsitzender wurde Alois Stalzer, Niedermösel, sein Stellvertreter Max Jaklitsch, Reintal. Zu den Gründungsmitgliedern zählten: Josef Janesch, Ernst Stalzer, Rudolf Jonke, Georg Brändle, Franz Schaffer, Johann Fmk, Adolf Kikel, Friedrich und Franz Kresse und andere. Damit war der erste Zusammenschluß der Gottscheer in Deutschland vollzogen.

(3) Paula Suchadobnik


www.gottschee.de





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